Getreidehandel

Getreidehandel
Ge|trei|de|han|del, der:
Handel mit Getreide.

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Getreidehandel,
 
ältester und bedeutendster Zweig des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Der Getreidehandel umfasst den Effektivhandel, der die tatsächliche Lieferung von Getreide betrifft, und den Spekulativhandel (Termingeschäfte), der sich ausschließlich auf die Preisbildung bezieht. Diese erfolgt an den internationalen Produktenbörsen, deren wichtigste sich in Chicago und New York (Deutschland: Hamburg) befinden. Auf den Getreidehandel entfallen 10 % der Weltgetreideernte. Der Handelsanteil der Weltweizenernte beträgt 18 %, bei Gerste sind es 10 %, bei Mais 11 % und bei Reis 4 %. Die größte Rolle im Weltgetreidehandel spielt Weizen mit knapp der Hälfte der gesamten Menge, gefolgt von Mais und Gerste mit einem knappen Drittel beziehungsweise einem Zehntel der Menge.
 
Der Getreidehandel ist seit dem Altertum von Bedeutung. Die Entwicklung des Verkehrs ermöglichte seit dem 19. Jahrhundert einen weltweiten Getreidehandel. Sinkende Transportkosten schufen einen Anreiz für Getreideerzeugung und Getreidehandel, sodass es in den Hauptanbauländern zu hohen Exportüberschüssen kam. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die USA das führende Getreideausfuhrland. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. entschlossen sich zahlreiche europäische Einfuhrländer - darunter auch Deutschland - zur Schutzzollpolitik, weil die Preise aufgrund der starken Produktionsausweitung und der niedrigen Frachten stark gesunken waren. Gleichzeitig wurden Kanada, Argentinien, die Donauländer und die Ukraine zu wichtigen Getreideausfuhrländern. Im Ersten Weltkrieg gingen die am Krieg beteiligten Länder meist zur staatlichen Regulierung der Getreidewirtschaft über. Die relativ stabilen Getreidepreise vor dem Ersten Weltkrieg unterlagen nach der neuerlichen Liberalisierung des Getreidehandels starken Schwankungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lösten die USA und Kanada Argentinien als vorübergehend wichtigstes Ausfuhrland ab. Anfang der 50er-Jahre stammten zwei Drittel der Weltausfuhr aus Nordamerika. Wichtigste Importeure waren die westeuropäischen Staaten. Seitdem ist es zu deutlichen Verschiebungen gekommen. Unter den auf wenige Länder beschränkten traditionellen Exporteuren konnten v. a. die USA ihre Position ausbauen. Innerhalb der EG nahm der Intrahandel stark zu, wobei sich Frankreich zum größten Exporteur entwickelte, aber auch traditionelle Einfuhrländer wie Deutschland und Großbritannien wurden zu Nettoexporteuren. Einen Nettoeinfuhrbedarf haben nur noch Spanien, Portugal, Italien und - aufgrund der hohen Veredlungsproduktion - die Beneluxstaaten. Insgesamt hat sich die EU zu einem bedeutenden Nettoexporteur entwickelt. Durch die mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik von 1993 eingeführten Produktionsbeschränkungen gelang es, den Exportüberschuss zurückzuführen. Besonders stark nahmen die Importe der Entwicklungsländer zu, auf die inzwischen mehr als die Hälfte aller Getreideimporte entfallen. Während eine Reihe asiatischer Länder der Dritten Welt, v. a. Indien und Pakistan, nach starker Einfuhrabhängigkeit in den 60er- und 70er-Jahren inzwischen die Selbstversorgung erreicht haben und China seine zunächst steigenden Einfuhren mehr und mehr durch eine steigende Eigenproduktion ersetzt, bleibt die GUS, insbesondere Russland, auf Einfuhren angewiesen.
 
Angebot, Nachfrage und Preise auf dem Weltgetreidemarkt werden in starkem Maße durch die Wirtschafts- und Außenpolitik der beteiligten Staaten bestimmt. Die meisten Einfuhrländer versuchen, die inländischen Preise über dem Weltmarktniveau zu halten. Das klassische Instrument hierzu sind Zölle (Agrarzölle). Während der Weltwirtschaftskrise wurden sie durch Kontingente, Einfuhrmonopole und Binnenmarktregulierungen ergänzt. Innerhalb der EU erfolgt der Außenschutz durch Abschöpfungen bei den Einfuhren, bei den Ausfuhren werden Erstattungen gewährt (Agrarmarktordnungen der EG). Von den anderen Exporteuren stützen die meisten ebenfalls ihre Ausfuhren, sei es durch direkte Subventionen oder dadurch, dass die Landwirte über produktbezogene Ausgleichszahlungen über dem Marktpreis liegende Preise erhalten. Durch internationale Verträge, wie das Internationale Weizenabkommen, wurde mehrfach versucht, den Weltmarkt zu stabilisieren. Viel diskutierte entwicklungspolitische Fragen sind die nach dem Zusammenhang von Verwendung von Getreide als Futtermittel und Welthunger sowie die Behinderung des Exports der Länder der Dritten Welt im Getreidehandel durch die (aggressive) Exportpolitik der USA und der EU-Staaten.

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Ge|trei|de|han|del, der: Handel mit Getreide.

Universal-Lexikon. 2012.

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